Presse
02.02.2010, Wiesbadener Tagblatt, von Richard Hörnicke
Bachs Kaffeekantate
KONZERT Ensemble Mattiacis und Solisten im Theater-Foyer
"Dramma per musica" hatte Johann Sebastian Bach seine weltliche Kantate "Schweigt stille, plaudert nicht" (BWV 211) genannt, die zu seinen "moralischen Kantaten für die ordinairen Concerte" gezählt wird. Diese "moralischen Kantaten" befassten sich mit lyrischen Texten, die die Themen Tugend und Laster zum Inhalt haben und vom Bachischen Collegium Musicum im Zimmermannschen Kaffeehaus in Leipzig aufgeführt wurden.
Mit dieser sogenannten "Kaffekantate" war Bach dann dort ja auch am rechten Platz - im neobarocken Ambiente des Wiesbadener Staatstheaterfoyers wurde zwar kein Kaffee ausgeschenkt, aber man wusste von vornherein, dass die Bemühungen des Herrn Schlendrian, seine Tochter Liesgen vom allzu ausgiebigen Genuss diese Getränkes abzuhalten, zum Scheitern verurteilt waren - wer konnte dem verführerischen Charme dieser Tochter, von Anita Kyle mit strahlend hellem Sopran dargestellt, widerstehen?
Thomas de Vries, ein Schlendrian mit kernigem, profundem Bass, musste da resignieren, zum Schluss fanden sich alle; auch der pointiert kommentierende Tenor Jud Perry, damit ab, dass gegen diese Sucht kein Mittel hilft. Auch zu Beginn des Konzerts ging es nach der exquisiten Interpretation einer Ouvertüre und Air à L´Italien Georg Philipp Telemanns mit den Instrumentalisten des Ensemble Mattiacis und der kantabel aufspielenden Flötistin Alexandra Kraus mit einer weltlichen Kantate Telemanns weiter.
Thomas de Vries war es vorbehalten, der Trauer um das Ableben eines "kunsterfahrenen Canarienvogels" (TVWV 20:37) mit markantem Bass prägnante, köstlich-ironisch gefärbte Kontur zu verleihen, die sich allerdings zum Ende hin zu einem furiosen Fluch über die Katze weiterte, die den Vogel ins Jenseits beförderte.
Exzellent die Begleitung des Ensembles Mattiacis, das sich auch in der Begleitung Andreas Küppers bei Johann Sebastian Bachs Cembalokonzert in D-Dur (BWV 1045) mit filigranem, wunderschön ausgewogenem Spiel bewährte.
Andrea Küppers stattete das Werk mit virtuos gewandtem, fein abschattiertem, silbrigem Klang aus - das aus Mitteln der Gesellschaft der Theaterfreunde und des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst neu angeschaffte Instrument, Erfüllung eines lange gehegten Wunsches von Thomas de Vries, bestand unter den Händen des Cembalisten seine Feuertaufe mit Bravour. Begeisterter Beifall des Publikums im Foyer.